Welches neue System ist das optimale?
Viele Konzerne sind zum Austausch ihrer Lösung für den Konzernabschluss gezwungen, weil die Hersteller alte Lösungen nicht mehr unterstützen. Aber auch die Optimierung der Abschlussprozesse lassen viele unserer Kunden ein Projekt zur Systemablösung starten.
Projektziele definieren
Der Erfolg eines Projektes, wie die Einführung eines neuen Konsolidierungssystems, wird üblicherweise durch die Messung der Zielerreichung bestimmt. Voraussetzung hierfür ist, dass Sie diese Ziele vor dem Projektstart präzise definieren. Um einem Missverständnis vorzubeugen: „Einführung neues System“ ist kein Ziel. Üblicherweise soll die Leistungsfähigkeit der Prozesse verbessert werden.
Für die Betrachtung möglicher Optimierungspotentiale Ihrer Prozesse empfehle ich Ihnen die Ausführungen meines geschätzten Kollegen Keefer in seinem Blog: Konzernabschluss in zwei Tagen! Mit diesen Hebeln bekommen Sie mehr Effizienz in Ihr Reporting.
Auch die Sicherstellung der Stabilität und Zukunftsfähigkeit des Systems ist bei veralteten Systemen ein häufiges Ziel. Neben den auf den Nutzen gerichteten Zielen, setzen sich Projekte üblicherweise einen zeitlichen und budgetären Rahmen. Deren Einhaltung tragen zur Wertung eines Projektes als „erfolgreich“ kurzfristig am meisten bei, da diese sich einfacher messen lassen als der Inkasso des erwarteten Nutzens. Wie wichtig Ihnen die Messung des Nutzens für den Projekterfolg ist, überlasse ich Ihnen.
Kriterien für die Systemauswahl
Die Kriterien für die Systemauswahl sind zunächst einmal abhängig von Ihrer Ausgangssituation, Ihren Rahmenbedingungen und Ihren Zielen. Dennoch kann ich Ihnen die typischen Kriterien nennen.
Funktionale Kriterien
Da sind zunächst einmal die funktionalen Kriterien, an die Sie eventuell auch zuerst denken. Bemerkenswerterweise unterscheiden sich die führenden Systeme in den funktionalen Kriterien jedoch weniger. Denn ordentlich konsolidieren können mittlerweile alle Lösungen der führenden, internationalen Hersteller. Hier können Sie sich sicherlich Ihre komplexesten Sachverhalte herausarbeiten und den Herstellern in einem Proof-of-Concept zur Lösung vorwerfen. Dabei habe ich in der Vergangenheit auch mehrfach mit großem Eifer unterstützt und die Hersteller gequält. Entscheidende Erkenntnisse konnten durch diese Übung jedoch selten zu Tage gefördert werden. Schauen Sie lieber genauer auf Funktionen wie vielschichtiger Validierungen, die Abbildbarkeit komplexer Workflows sowie die Flexibilität bei der Abbildung alternativer Strukturen und Simulationen mit der Hilfe von Szenarien. Hier werden Sie signifikante Unterschiede zwischen den führenden Systemen finden. Inwiefern diese Unterschiede für Ihre Entscheidung relevant sind, können nur Sie selbst entscheiden.
Ein weiterer wichtiger funktionaler Bereich ist das Reporting. In diesem Feldbieten alle Hersteller mittlerweile leistungsfähige Lösungen, gehen hierfür jedoch unterschiedliche Wege. Sehen Sie sich diese an und beurteilen Sie, inwiefern diese Ansätze in Ihre bestehende Landschaft passen.
Neben der Konsolidierung hat der Konzern weitere, verwandte Prozesse, die auf ähnlichen Strukturen und Zahlen basieren. Das sind mindestens das Management Reporting und die Planung. Ersteres basiert auf den Zahlen des externen Rechnungswesens und letzteres findet sich in der benachbarten Spalte in Ihren Finanzberichten. Aus diesem Grunde bieten die Marktführer Plattformen für alle Prozesse des Performance Management an (näheres zum Thema in meinem Artikel "Welches Konsolidierungssystem ist das richtige für mich?").
Das hat zur Folge, dass Group Accounting das System immer mit Group Controlling gemeinsam auswählen sollte.
Das hören Sie nicht gerne, weil Sie dann nicht alleine entscheiden können? Verstehe ich! Integration bringt jedoch immer auch zusätzliche Komplexität mit. Der Payback kommt später und Ihr CFO teilt meine Meinung sicherlich.
Daraus folgt zweierlei: Zum einen begeben Sie sich nun mit Ihren Kollegen gemeinsam in die Systemauswahl. Zum anderen erweitert sich Ihr Kriterienkatalog nun um Anforderungen aus der Planung und weiteren Anforderungen aus dem Reporting. Eine gute Nachricht gibt es jedoch: Das Projekt müssen Sie nicht zwingend gleichzeitig und gemeinsam machen.
Usability: Benutzerfreundliche Oberflächen verbessern die Akzeptanz
Neben den harten funktionalen Kriterien wird bei jeder Systemauswahl auch die Oberfläche, die „Usability“, bewertet. Streng genommen handelt es sich hierbei gar nicht um ein funktionales Kriterium. Subjektiv wird das „look-and-feel“ jedoch als solches betrachtet. Sie werden dabei auch deutliche Unterschiede zwischen den Systemen identifizieren, deren Bewertung jedoch Geschmackssache ist. Sie wollen ja auch nicht das fortschrittlichste Auto fahren, wenn es hässlich ist. Da müssen Sie schließlich jeden Tag einsteigen. Ich rate Ihnen jedoch, sich nicht vom Augenschein allein in Ihrer Entscheidung leiten zu lassen.
Nicht-funktionale Kriterien
Nun haben wir die wesentlichen funktionalen Kriterien abgearbeitet. Die meisten Systementscheidungen der vergangenen Jahre lassen sich jedoch gar nicht an diesen Kriterien festmachen. Das liegt daran, dass wie oben bereits erwähnt alle großen Systeme mittlerweile ordentlich konsolidieren können. Außerdem finden Sie wesentliche Unterschiede in den nicht-funktionalen Kriterien, die ich Ihnen nicht vorenthalten möchte.
Die Gesamtkosten, nicht der Lizenzpreis sind entscheidend
Als erstes Kriterium denken Sie vielleicht an den Preis der Software. Richtig! Lassen Sie uns jedoch bitte über die gesamten Ausgaben sprechen. Denn beim Preis der Software können Sie grob zwischen den großen Plattformanbietern und den lokalen Spezialisten unterscheiden (näheres zum Thema in meinem Artikel "Welches Konsolidierungssystem ist das richtige für mich?").
Sie werden bereits wissen, welche Gruppe zu Ihrem Konzern passt. Zwischen den Anbietern dieser Gruppen nivellieren sich Preisunterschiede üblicherweise, wenn Sie wissen, wie man Software richtig einkauft. Wie Sie am besten Software einkaufen, besprechen wir gerne in einem gemeinsamen Beratungsgespräch.
Größere Unterschiede finden Sie hingegen beim Aufwand, den Sie für die Implementierung kalkulieren müssen. Die Daumenregel ist: je flexibler und mächtiger die Lösung ist, desto aufwändiger ist die Umsetzung Ihrer Anforderungen. Seriöse Anbieter erkennen Sie übrigens auch darin, Ihnen diese Rechnung ehrlich aufzumachen. Diese haben es nicht nötig, über den Preis zu verkaufen. „Wer billig kauft, kauft zwei Mal“, heißt im Projektgeschäft. Wer unrealistischen Versprechungen mancher Verkäufer glaubt, überzieht sein Projektbudget später um das doppelte und bekommt beim CFO wahrscheinlich die Quittung dafür.
Für die Umsetzung benötigen Sie nicht nur Budget, sondern auch Berater, die Sie bei der Einführung unterstützen. Die Verfügbarkeit von ausreichend Beraterkapazität und Erfahrung am Markt für die einzelnen Lösungen, sollten Sie als Kriterium in Ihre Systemauswahl einbeziehen.
Zukunftssicherheit bei der Wahl des Herstellers
Ein weiteres nicht-funktionales Kriterium ist die Beurteilung des Systemherstellers selbst. Stellen Sie sich die Frage, ob dieser Hersteller in acht Jahren noch am Markt ist und ob er Ihr Produkt noch weiterentwickeln wird. In die Zukunft kann ich zwar genauso wenig blicken wie Sie, jedoch gibt es Anhaltspunkte, um sich ein wenig mehr Sicherheit zu verschaffen: Wie groß ist der Anbieter? Ist der Anbieter ein Übernahmekandidat? Wie groß ist die Bedeutung der Lösung für den Anbieter? Was passiert mit dem Hersteller, wenn in ein paar Jahren – bei kleineren Anbietern – der Eigentümer und führende Kopf ganzjährig im Tessin Rosé schlürft? Seit wann ist die Lösung am Markt und wann wird der Hersteller eine Nachfolgerlösung entwickeln?
Neben den Funktionen, die jeder erfahrene Vertriebler Ihnen überzeugend darstellen wird, sollten Sie einen Blick unter die Motorhaube riskieren. Bei Systemen heißt das, dass Sie sich bitte ansehen, wie die Parametrisierung des Systems erfolgt. Denn wenn Sie es bis zum erfolgreichen Abschluss des Projektes geschafft haben, müssen Sie Ihr System danach selbst warten und weiterentwickeln. Das heißt, Sie müssen Strukturen anpassen (z.B. Positionen und Firmen) und Regeln weiterentwickeln. Wenn hierzu Programmierung erforderlich sein sollte, lassen Sie sich entweder zum Systementwickler fortbilden, geben die Systempflege in die Hände Ihrer IT oder entscheiden sich für ein anderes System. Ich empfehle Ihnen Option drei. Erwerben Sie ein System, das Sie bzw. Ihre Fachabteilung selbst weiterentwickeln kann. So haben Sie bei neuen Anforderungen des IASB oder Ihres Vorstandes immer die Nase vorne. Das ist für Sie im Übrigen wesentlich wichtiger als die Frage, wie das System betrieben werden soll. Ob Sie der Cloud vertrauen oder das System on-premise durch Ihre IT betreiben, können Sie getrost durch eben diese IT entscheiden lassen.
Prüfung anhand der Kriterien
Wie prüfen Sie denn nun die Systeme entlang all dieser Kriterien? Wenn Sie sich das System vom Hersteller frei präsentieren lassen, erwerben Sie danach das System des Herstellers mit dem besten Pre-Sales-Consultant. Sie suchen aber nicht den besten Vertriebler, sondern das beste System! Ich rate Ihnen daher, dass Sie Ihre Kriterien präzise und vollständig schriftlich definieren, dem Hersteller mitteilen und sich dann deren Erfüllung im System live zeigen lassen. Dabei haken Sie jedes Kriterium ab. Den beliebten Request for Information (RfI) hingegen können Sie sich weitgehend sparen. Jeder Hersteller wird Ihnen mitteilen, die einzelnen Anforderungen zu erfüllen. Hier können Sie sich und den Anbietern Aufwand sparen. Fragen Sie lieber mich, wen Sie auf die Shortlist setzen sollen und investieren Sie Ihre Energie in die Begutachtung der wesentlichen Kriterien am lebenden System.
Wenn Sie sich nicht sicher sind, dann verjagen Sie den Verkäufer hinter dem Lenkrad und machen selbst eine Probefahrt. Das nennt sich Proof-of-Concept. Definieren Sie konkrete, eigene Showcases und bauen Sie diese gemeinsam mit Ihrem(n) vorselektierten Anbieter(n) auf. Das kostet zwar ein bisschen Geld, spart Ihnen im Projekt aber später ein Mehrfaches. Eine detaillierte Übersicht der oben angesprochenen, typischen Kriterien finden Sie in unserer Checkliste.
Erfolgsfaktoren
Die Auswahl des richtigen Systems wird durch die meisten Verantwortlichen als der wesentliche Hebel für den Projekterfolg wahrgenommen. Ich kann Ihnen aus voller Überzeugung - die aus über 40 solcher Projekte erwächst - sagen, dass dies eine falsche Annahme ist! Ja, ein geeignetes System ist eine wesentliche Voraussetzung für den Projekterfolg. Nur, warum erreichen dann so viele Projekte mit den modernsten Systemen ihre Ziele nicht?
Es gibt sicher viele Erfolgsfaktoren für das Gelingen einer Systemeinführung und eine vollständige Abhandlung würde diesen Rahmen sprengen und Sie langweilen.
Hier meine Hitliste der Top fünf:
- Das Projekt muss handwerklich ordentlich aufgesetzt und gemanaged werden. Das heißt, es müssen Ziele definiert, Aktivitäten detailliert geplant, Aufwendungen ordentlich geschätzt, Ressourcen realistisch geplant und ein erfahrener Projektmanager installiert werden. Das kostet alles Geld und Mühe, macht sich im Verlauf des Projekts jedoch mehr als bezahlt.
- Unterschätzen Sie Ihr Vorhaben nicht. Planen Sie ausreichend Budget, Zeit und interne Kapazitäten ein. Wenn Sie den Berg besteigen wollen, sollten Sie sich gut vorbereiten, denn sie werden schwitzen und wollen nicht im Schneesturm erfrieren. Dabei sollten Sie Ihre Kondition nicht überschätzen (genug Ressourcen einplanen) und Ihre Fähigkeiten für schwere Kletterpassagen nicht überbewerten (Experten einkaufen).
- Experten: Neben Ihren internen Ressourcen sollten Sie einen erfahrenen Implementierungspartner engagieren, der solche Projekte bereits mehrfach erfolgreich abgeschlossen hat, die Software bestens beherrscht und Ihnen Experten zur Seite stellen kann, die fachlich mit Ihnen mindestens auf Augenhöhe sind. Entsprechend sollten Sie bei der Auswahl des Implementierungspartners genau so viel Sorgfalt walten lassen wie bei der Auswahl der Lösung. Ein guter Implementierungspartner wird mit Ihnen auch die zweitbeste Lösung zum Erfolg bringen.
Nun haben Sie das richtige System, einen Plan, ausreichend Budget und die richtigen Experten an Bord. Also kann die Systemeinführung starten? Nein, Sie können leider immer noch nicht starten. Zunächst einmal müssen Sie die fachliche Konzeption erstellen und detailliert zu Papier bringen. Diese benötigen Sie, damit das Richtige umgesetzt wird, dieses gegen Ihre Anforderungen getestet werden kann und Sie auch gezwungen sind, alles vollständig zu durchdenken.
Von dieser fachlichen Konzeption ist das technische Konzept abzuleiten. Ein gutes technisches Konzept stellt sicher, dass die Strukturen im System auch für Ihre zukünftigen Anforderungen erweiterbar sind. Beliebte Beispiele sind die Abbildung von Spiegeln, die Abbildung von Dimensionen für Detailaufrisse und die Abbildung des Umsatzkostenverfahrens. Wie denken Sie darüber? Lassen Sie uns gerne einen Kommentar hier oder sprechen mit mir persönlich!
Ihr Markus Noçon
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