9 Tipps wie Sie in agilen Teams Ihre Kosten senken und gleichzeitig bessere Ergebnisse erzielen - ein Erfahrungsbericht
Agilität ist schon lange kein Zauberwort mehr. Viele Unternehmen haben bereits auf agile Entwicklung umgestellt oder befinden sich gerade in der Transformation. Trotzdem hakt es oft an der ein oder anderen Stelle. In diesem Artikel möchte ich 9 Tipps mit Ihnen teilen, wie agile Teams erfolgreich arbeiten und dem Unternehmen damit sowohl Kosten einsparen wie auch besser Produkte bereitstellen. Diese Tipps stammen nicht (nur) aus Büchern, sondern aus meiner persönlichen Erfahrung. Sie haben andere Erfahrungen? Lassen Sie uns gerne darüber sprechen.
#1 Fokus auf die Mission
Das Mission Statement beschreibt die Daseinsberechtigung des agilen Teams und beschreibt in vier einfachen Fragen, warum es das Team gibt. Es kommuniziert WAS, WIE, für WEN und WARUM das Team eine Leistung erbringt. Jede Tätigkeit des Teams wird daran gemessen, ob sie auf die gemeinsame Mission einzahlt und wird daran priorisiert. So hat das Team die Möglichkeit fokussiert zu arbeiten und immer wieder zu hinterfragen, ob die aktuellen Prioritäten wirklich das gemeinsame Ziel unterstützen. Hier ist zu beachten, dass die Mission des agilen Teams NICHT zwangsläufig mit der Mission einer Fachabteilung gleichzusetzen ist.
Aus der Praxis
Es lohnt sich die Zeit zur Definition eines gemeinsamen Mission Statements zu investieren und genau zu definieren, was das Team, wie, für wen und vor allem warum macht. In der Praxis hat sich gezeigt, dass gerade bei schwierigen Entscheidungen das Mission Statement eine wertvolle Leitlinie darstellt. Je kürzer rund präziser das Mission Statement, umso besser. Gerade die Unterscheidung von WAS, WIE und WARUM ist dabei nicht trivial und bedarf besonderer Abwägung. Die Diskussion im Team kann gut und gerne mehrere Tage in Anspruch nehmen.
#2 Verfolgen des MVP-Ansatzes, um schnell Ergebnisse zu liefern (Build-Measure-Learn Ansatz)
Der Scope bei einem agilen Entwicklungsansatz ist flexibel. Das bedeutet am Anfang der Arbeit ist das konkrete Endergebnis nicht bekannt und das Team arbeitet auf Basis eines Wertversprechens und einzelner Hypothesen. Der Kern des Wertversprechens bildet die Funktion des MVP (Minimum Viable Product), welche je nach Umfang der Entwicklungsarbeiten schon nach wenigen Wochen vorliegt. Da das MVP ein funktionierendes Produkt ist, kann es bereits von der Zielgruppe genutzt werden. Dadurch kann der Product Owner bereits früh das Feedback der Nutzer in die Priorisierung der kommenden Features und Arbeitsschritte einfließen lassen und gegebenenfalls nachsteuern, um den Product-Market-Fit konstant zu verbessern. Folgt das Team einem Scrum-Prozess mit zwei-wöchigen Sprints kann alle zwei Wochen ein verbessertes Produkt an die Zielgruppe ausgeliefert werden.
Aus der Praxis
In der Umsetzung des Prozesses stellt sich die Frage, an welcher Kenngröße das Team erkennt, ob es eine Verbesserung des Produktes erreicht hat. Da der Product-Market-Fit entscheidend ist, wird die Kontrolle immer in der Kommunikation mit dem Kunden gemessen. Die Messbarkeit kann durch wirtschaftliche Kenngrößen, Analyse des Nutzerverhaltens, einen Net Promoter Score oder sogar durch Interviews und Labor-Tests ermittelt werden. Die geeignete Messgröße richtet sich dabei nach Ziel und Art des Produktes.
#3 Feste Prozesse und klare Rollen einführen (z.B. nach Frameworks wie Scrum)
Agilität lebt von klar definierten Regeln und Rollen. Die Grundlage erfolgreich in agilen Teams zu arbeiten ist daher ein klares Rollen-Framework, das alle notwendigen Rollen samt ihrer individuellen Verantwortung beschreibt. Dies beinhaltet u.a. den Product Owner, Business Analysten, einen Scrum Master (soweit man dem Scrum Framework folgt), die Entwickler sowie alle weiteren Rollen, die in dem individuellen Team benötigt werden. Zudem muss es eine klar definierte Meeting-Struktur geben, die definiert welche Meetings WANN, zu WELCHEM Zweck und mit WEM zu führen sind. Ein hohes Maß an Disziplin in der Durchführung der Meetings ist wichtig für den Erfolg. Verantwortungsbereiche, Meetingstruktur, Dokumentation von Entscheidungen wie auch die Rollen sollten für alle transparent und jederzeit zugänglich abgelegt werden.
Aus der Praxis
In der Umsetzung erlebe ich immer wieder wie wichtig ein klares Rollenverständnis ist. Der Scrum Master ist beispielsweise als Servant-Leader verantwortlich für die Einhaltung des Scrum-Prozesses, nicht aber für die Erreichung der Ziele. Dadurch hat er auf Prozessebene das Recht und die Pflicht gegen jedes einzelne Teammitglied (inkl. Product Owners) zu sprechen, wenn der Scrum-Prozess nicht eingehalten wird. Insbesondere bei Scope-Änderungen seitens des Product Owners innerhalb des Sprints ist dieses Veto-Recht wichtig und ein Einschreiten des Scrum-Masters erforderlich.
#4 Heterogene Teams aus Business und IT
Studien zeigen, dass heterogene Gruppen mehr Kreativität und Lösungskompetenz mitbringen als homogene Gruppen. Dasselbe gilt auch für Teams im Unternehmen. Bei der Entwicklung und Konfiguration von digitalen Lösungen, ob für Kunden, Partner oder eigene Mitarbeiter, ist ein heterogenes Team essentiell. Neben erfahrenen IT-Kräften wie Entwicklern oder Softwarearchitekten sind Vertreter aus dem Business enorm wichtig für den Erfolg eines digitalen Produktes. Ein agiles Team sollte daher immer aus Spezialisten aus IT und aus dem Business bestehen und ein gemeinsames Ziel verfolgen.
Aus der Praxis
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass gerade die Rolle des Product Owners besonders kritisch ist. Ein Product Owner, der einen starken Business Fokus hat sollte besonders darauf achten, dass die technisch notwendigen Anforderungen nicht zu kurz kommen. Umgekehrt muss ein Product Owner aus der IT immer die Belange des Business und der Kunden im Blick behalten. Nach meiner Erfahrung bietet es sich an, einen Product Owner im Business zu suchen, um die richtige Balance sicherzustellen. Als CEO seines Produktes ist der Product Owner für die konstante Weiterentwicklung des Produktes anhand der Anforderungen der Zielgruppe verantwortlich. Er stellt sicher, dass das Produkt den größtmöglichen Nutzen für den Kunden schafft.
#5 Budgetverantwortung und damit Entscheidungskompetenz an den Product Owner übertragen
Damit der Product Owner das bestmögliche Produkt für seine Zielgruppe entwickeln kann, benötigt er die volle Entscheidungsfreiheit und Budgetverantwortung. Innerhalb der Vision für seine Zielgruppe orientiert sich der Product Owner an deren Anforderungen und stellt die Balance zwischen IT-seitigen und Business-seitigen Anforderungen her. Auf Grund der Budgetverantwortung kann er Entscheidungen über den Einsatz der Ressourcen innerhalb seines Teams gemeinsam mit dem Team treffen und stellt so kurze Entscheidungswege zu Ressourcen-Einsatz und Prioritäten sicher. Entscheidungen über Funktionalitäten sollten dabei immer auf Basis von Fakten getroffen werden und die Mission des Teams stützen.
Aus der Praxis
In meinen Projekten hat sich gezeigt, dass es für das Team äußerst hinderlich sein kann, wenn der Product Owner einen vorgesetzten Projektleiter bei Entscheidungen innerhalb des strategischen Rahmens einbeziehen muss. Die zusätzliche Schleife verlangsamt die Entscheidung und behindert damit den Arbeitszyklus des Teams. In letzter Instanz können daraus zusätzliche Kosten entstehen und das Erreichen der strategischen Risiken wird einem unnötigen Risiko ausgesetzt.
#6 Quartalsweise Ziele zur Steuerung nutzen (bspw. OKR)
Während das Mission Statement ein entferntes Ziel verfolgt, helfen kurzfristige Ziele, bspw. in Form von OKRs (Objectives & Key Results) bei der kurzfristigen Steuerung. Diese können quartalsweise im Team definiert und angepasst werden. Wichtig ist jedoch gemeinsam klare Ziele zu definieren, die auf die Mission einzahlen. Diese Ziele werden in wichtige (Zwischen-) Ergebnisse runtergebrochen, um klar zu definieren an welchen konkreten Ergebnissen das Team arbeitet. Das mag nach viel Aufwand klingen, ist aber ein lohnendes Invest damit das Team im geplanten Zeitraum selbstständig und effektiv arbeiten kann. Die Leistungsbewertung der Mitarbeiter kann ebenfalls auf dieser Basis erfolgen.
Aus der Praxis
Für die Wirksamkeit der Ziele ist es in der Praxis essentiell, dass das gesamte Team hinter diesen Zielen steht. Daher dürfen sie niemals top-down vom Management definiert sein, sondern sollten mit Hilfe eines Moderators, vom Team selbst entwickelt werden. Das Team sollte diese kurzfristigen Ziele aus dem Mission Statement ableiten und genau verstehen wie sie auf die Mission des Teams einzahlen.
#7 Transparenz über Ziele und Fortschritte schaffen
Information ist ein wertvolles Gut für denjenigen, der sie hat. In Teams mit einer gemeinsamen Mission wird Information noch wertvoller, wenn man sie teilt. Daher ist es erforderlich relevante Information für alle Teammitglieder und darüber hinaus verfügbar zu machen. Das gesamte Team sowie alle relevanten (internen) Stakeholder sollten stets Zugriff auf die Mission und die damit verbundenen strategischen und operativen Ziele haben.
Aus der Praxis
Transparenz zu schaffen ist ein weit verbreitetes Ziel, das gerne am richtigen Medium scheitert. PowerPoint-Folien und Excel-Files sind oftmals hinderlich da sie auf geteilten Ordnern oder in Email-Postfächern schlummern. Es besteht die Gefahr, dass Unterlagen und Reports nicht auf dem aktuellen Stand sind. Nutzt hingegen das gesamte Team ein Web-basiertes Wiki (wie bspw. Confluence) und ein Taskmanagement-Tool (wie bspw. JIRA oder Trello), so stehen aktuelle Informationen jederzeit allen Teammitgliedern auf diesen Seiten zur Verfügung. Die Pflege obliegt dabei jedem Team selbst und verschlingt deutlich weniger Zeit als die regelmäßige Aufbereitung von Präsentationen.
#8 Interaktion forcieren und persönlich kommunizieren (nicht via Email)
Die persönliche Interaktion ist in agilen Teams sehr wichtig. Nicht ohne Grund gibt es jeden Morgen ein gemeinsames Stand-Up Meeting, in dem jedes Team-Mitglied ein Update darüber gibt, was es am Tag zuvor erreicht hat, was es heute erreichen möchte und wo es Unterstützung brauchen könnte. Um die Kommunikation auch außerhalb definierter Meetings zu vereinfachen, hat es sich bewährt innerhalb des Teams komplett auf Emails zu verzichten und stattdessen auf persistente Chat-Tools wie Slack oder MS Teams zu setzen. Ein gemeinsamer Chat für das gesamte Team vereinfacht die Kommunikation untereinander, stärkt Transparenz und macht die Kommunikation zudem für alle nachvollziehbar. Auch kleine Fragen können auf diesem Weg schnell und unkompliziert innerhalb des Teams geklärt werden. Eng eingebundene Stakeholder können über einen weiteren Kanal ebenfalls mit in den persistenten Chat eingebunden werden.
Aus der Praxis
Meiner Erfahrung nach ist die Umstellung von Emails auf einen Chat sehr schnell möglich. Soweit die Infrastruktur bereitsteht dauert es nur wenige Tage bis die meisten Teammitglieder den Chat nutzen. Entscheidend ist, dass wirklich alle Teammitglieder auf Emails verzichten da sonst wichtige Information verloren gehen können. Trotzdem ist auch die direkte verbale Kommunikation innerhalb des Teams und mit den Stakeholdern wichtig und fortzuführen.
#9 Zeit nehmen und konsequent bleiben
Zu Beginn des agilen Arbeitens liegt eine steile Lernkurve vor den Teams. Alte Gewohnheiten werden aufgebrochen und neue Routinen müssen sich einspielen. Wie jede Veränderung ist auch diese mit gewissen Hürden verbunden und es kann gut und gerne ein halbes Jahr dauern bis sich alle Teammitglieder an die neue Arbeitsweise gewöhnt haben. Wichtig ist sich gemeinsam konsequent weiterzuentwickeln und nicht in alte Muster zurückzufallen.
Aus der Praxis
Um diesen Übergang zu vereinfachen, hilft ein Agile Coach der gemeinsam mit dem Team die Probleme der täglichen (agilen) Arbeit angeht und alle Teammitglieder intensiv unterstützt. Dazu gehört u.a. das gemeinsame Erlernen der Struktur einer guten User Story oder der regelmäßige Rückblick, was in der gemeinsamen Arbeit gut läuft und an welchen Stellen Verbesserungspotenziale liegen.
Wenn Sie jetzt sagen "Das ist aber ganz schön viel auf einmal" dann haben Sie absolut Recht. Der Umbau auf agile Teams ist eine große Veränderung für ein Unternehmen und die Mitarbeiter, die in den agilen Teams arbeiten. Aber diese Veränderung lohnt sich! Digitale Produkte kommen schneller auf die Straße und haben einen besseren Product-Market-Fit. Damit verringern Sie Ihre Kosten und steigern gleichzeitig die Zufriedenheit der Nutzer, Ihrer Kunden und Mitarbeiter.
Übrigens: Gerade wenn Sie derzeit verstärkt auf Home Office setzen, werden Ihr Unternehmen und Ihre Mitarbeiter von der agilen Arbeit profitieren. Durch klar definierte Prozesse, eindeutige Rollenbeschreibungen und klar definierte Ziele unterstützt die agile Arbeitsweise ganz besonders die Arbeit von verschiedenen Orten aus, wie beispielsweise aus dem Home Office.
Ihr Felix Hesse
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